Beim Anlegen eines Gartens ist es gut, einen Blick über die Grundstücksgrenze zu werfen. Da kann es Unschönes geben, die man nicht sehen möchte, wenn man im Garten sitzt. Ein Fenster des Nachbarn mit Ausblick auf die eigene Terrasse ist auch nicht schön … Solche äußeren Elemente möchte man gern verbergen bzw. die Sicht auf den Terrassentisch unterbrechen.
Mit Glück gibt es aber außerhalb des Gartens etwas, das sich bewusst in die Gestaltung einzubeziehen lohnt. Das kann zum Beispiel ein schöner Baum oder eine Gehölzgruppe in einem angrenzenden Garten sein oder ein Kirchturm in der Nähe.
"Borrowed view" (geborgte Aussicht) nennen das die Engländer und in Japanischen Shinto-Gärten war es schon seit dem 17. Jahrhundert Bestandteil der Gestaltung, "geborgte Landschaften" einzubeziehen, indem Wege so angelegt wurden, dass besonders schöne Ausschnitte der Landschaft außerhalb des Gartens zu sehen waren.

Im Japanischen Garten in Bielefeld wurde die Landschaft außerhalb des Gartens einbezogen. Die bewaldeten Hügel des Teutoburger Waldes hinter der Mauer sind Teil des Gartenbildes.

Geborgte Aussicht: Wunderschön, wenn ein Grundstück ans Wasser grenzt. Durch die Öffnung des Gartens zum Fluss wird die Landschaft am gegenüberliegenden Ufer zum Teil des Gartenbildes. Da reichen ein paar einfache Möbel auf einem kleinen Deck – hier könnte ich es eine Weile auszuhalten! (Gesehen in den Tuinen van Appeltern)
Attraktive Anblicke ins Gartenbild integrieren oder "Kann ich mal Ihren Kirchturm ausleihen?"
Wenn es jenseits eures Gartenzauns einen Baum oder Strauch mit auffallendem Laub gibt, könnt ihr ihn im eigenen Garten mit Blättern in der passenden Farbe wieder aufgreifen, sodass optisch ein Zusammenhang entsteht. Im Bild unten wurde der rote Perückenstrauch (Cotinus coggygria 'Royal Purple') so vor den rotlaubigen Baum des Nachbarn gesetzt, dass beide sich ergänzen. Auch zu dem Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii) mit lila Blüten passt er sehr gut:

Einen Kirchturm könnt ihr optisch ins Gartenbild integrieren, indem ihr einen Ausschnitt in der Hecke plant oder zum Beispiel mit einer Reihe von schlanken Obelisken den Blick zu ihm hinführt.
Wenn ihr am Ortsrand wohnt und es eine Wiese oder einen Höhenzug jenseits eurer Gartengrenze gibt, könnt ihr abwägen, ob euch ein geschlossener Sichtschutz wichtig ist oder ob vielleicht ein Teil der Gartengrenze niedriger bepflanzt werden kann, um einen Durchblick frei zu lassen. Dort kann der Blick in die Ferne schweifen und die Phantasie auf Reisen gehen …
Je mehr Durchblicke die Gartengrenze erlaubt, desto größer erscheint das Grundstück. Der Sitzplatz am Wasser (oben) bildet nur eine kleine Aussparung in der Bepflanzung. Dennoch entsteht eine scheinbar unendliche Weite, das Grundstück reicht optisch bis zum Wald hinter dem Fluss.
In Filoli (Foto unten) führen die Linien des Wasserbeckens, die Wege und die Eibenreihen im Hintergrund den Blick auf die Hügel in der Ferne. Welche Bäume stehen noch auf im Garten und welche dahinter?

Geborgte Aussicht in unserem Garten
Nun hat leider nicht jeder von uns eine freie Sicht auf solch eine schöne Landschaft wie auf den Fotos ganz oben. Dennoch gibt es manchmal einfache Möglichkeiten, den Trick mit der geborgten Aussicht in der Gartengestaltung einzusetzen.
Bei uns hat sich so ein Effekt zufällig ergeben. Einige der Liguster, die unser Nachbarn auf die Grenze gesetzt hatte, sind eingegangen, sodass man zwischen den beiden restlichen Teilen der Hecke hindurchsehen kann. Es entsteht der Eindruck, dass unser Garten dort noch weiter geht. Im Frühling leuchten dort viele Krokusse auf dem Rasen. Sie sind auch von unserer Seite aus wunderschön anzusehen!

Eine Buche mit dunkelrotem Blätterkleid im Garten des anderen Nachbarn haben auch wir mit einem roten Perückenstrauch in unsere Pflanzung eingebunden. Allerliebst finde ich dazu die rosa Fingerhüte, die sich als "Freiwillige" dort so passend platziert haben!

Hinter unserem Garten verläuft ein städtischer Streifen mit einem Rad- und Fußweg. Auf der Wiese dahinter sehen wir im Winter Rebhühner und im Frühling springen dort Hasen herum. Wenn unsere Sträucher später im Jahr belaubt sind, sind wir vor Blicken von außen ausreichend geschützt.



Auf dem städtischen Streifen hinter dem Garten stehen mehrere hohe Bäume. Sie geben eine schöne Kulisse für unseren Garten ab und erweitern ihn optisch. Innerhalb des Gartens wäre gar kein Platz für so große Bäume!

Ich glaube, ich habe genug geschrieben, ihr versteht sicher, was ich meine. Ich gehe jetzt mit meinem Tee in den Garten und genieße die Aussicht!
Habt ihr auch eine geborgte Aussicht? Konnte ich euch anregen, etwas aus der Umgebung optisch für euren Garten zu nutzen? Ich freue mich über eure Gedanken zu dem Thema oder eure Fragen, hinterlasst mir gern unten einen Kommentar!
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