Vorfrühlingsblüher und Winteraspekt im Garten von Karsten Brakemeier und Oliver Kipp

Ihr Lieben,
den Garten von Oliver Kipp und Karsten Brakemeier haben wir im letzten Sommer schon einmal besucht. Am vergangenen Sonntag waren wir mit unserer örtlichen Gruppe der Gesellschaft der Staudenfreunde eingeladen, die zauberhafte Vorfrühlingsblüte dort zu genießen. Der Winteraspekt mit besonderen Pflanzenraritäten und attraktiven Kombinationen hat mich aber mindestens ebenso begeistert! Ich freue mich, wenn ihr mich durch diesen wunderschönen Garten begleitet.

Schneeglöckchen im Garten von Oliver Kipp und Carsten Brakemeier

Wer den Beitrag über unseren Besuch im Sommer gelesen hat, erinnert sich vielleicht noch an die Wiese, die mit Storchschnabel bedeckt war? Diese Wiese hatten die beiden Gärtner uns als „Narzissenwiese" vorgestellt. Nun dachte ich mir, wenn es hier viele Schneeglöckchen gibt, dann dort! Deshalb führte der erste Weg an diesem Tag direkt dorthin durch den Gartenraum mit dem Rosenpavillon, der von einem üppigen Kranz aus Bergenien umgeben ist. Die Kombination aus stilvollen Metallmöbeln, Rankgerüst und großen immergrünen Blättern ist auch im Winter ein Hingucker. Wie schön muss es erst sein, wenn hier erst die vielen Bergenien oder im Sommer die Rosen blühen? Der Blick wird geschickt durch das Rankgerüst und die Öffnung in der Eibenhecke auf der gegenüberliegenden Seite gelenkt:

Am Ende dieser Sichtachse sehen wir schon die kleinen weißen Blüten leuchten:

Die Wiese übertraf dann meine Vorstellung bei Weitem! Sie war übersät mit den weißen Zwiebelblühern, die über die Jahre verwildert sind. Sie setzen den Baum in der Mitte in Szene, dessen uriger ausladender Wuchs jetzt besonders gut zur Geltung kommt.

Der Liegestuhl sieht sooo einladend aus! Mit einer Decke und einer Tasse Tee lässt es sich an milden Tagen bestimmt gut hier sitzen, im Blütenmeer versinken und den Vögeln lauschen.

Auch Gartenprofis kann’s erwischen: Von den vielen Elfenkrokussen (Crocus tommansinianus), die auf der Wiese wuchsen, wurden 80% von den Feldmäusen gefressen! Wenn die Schneeglöckchen verblüht sind, werden hier unzählige Narzissen strahlen. Die Wildnarzisse Narcissus pseudonarcissus ssp. lobularis fühlt sich offensichtlich wohl und hat sich über Samen und Brutzwiebeln ausgebreitet:

Die ersten Blüten mit der kräftig gelben Trompete und dem blassgelben Blütenkranz haben sich schon geöffnet. Unter den Sämlingen haben Karsten Brakemeier und Oliver Kipp schon einige neue Auslesen gefunden.

Verschiedene Schneeglöckchen

Im Garten verteilt wachsen etwa 50 (in Worten: fünfzig!) verschiedene Schneeglöckchenarten und -sorten.
Es fing 1998 mit der Sammelleidenschaft an. „Damals gab es in Deutschland einen einzigen Anbieter, der auf Anfrage eine handgeschriebene Liste mit seinen immerhin sieben Sorten verschickte. Sie kosteten damals zwischen einer und drei DM", erinnert sich Oliver Kipp. Weitere Sorten bekam er Ende der 90er Jahre von einer Dame aus England. „Wenn sie jemanden nett fand, gab sie einem etwas Schönes". Seit zehn Jahren geht er nicht mehr auf die einschlägigen Märkte. Stattdessen gibt es nun immer wieder Sämlinge im Garten zu entdecken, wie Herr Brakemeier erzählt. Sie könnten nun schon eigene Auslesen benennen.

Ein Schneeglöckchen ist ein Schneeglöckchen ist ein Schneeglöckchen? Natürlich nicht! Wenn man sie genau anschaut, entdeckt man die Unterschiede in Farbe und Form, die die Pflänzchen bei Sammlern so begehrt machen. Diese Sorte hat große rundliche Blüten, die wie ein Ballonröckchen ausgestellt sind. Nach dem, was ich vor Kurzem auf den Schneeglöckchentagen in Knechtsteden gelernt habe, wage ich mal zu vermuten, dass es 'E.A. Bowles' sein könnte. Wenn ihr reinzoomt, könnt ihr die gehämmerte Struktur erkennen:

Wichtig an einem Schneeglöckchen ist es Oliver Kipp, dass es gute Bestände bildet und eine schöne Fernwirkung hat. Dennoch werden die Blüten ganz genau betrachtet. Sein Lieblingsschneeglöckchen ist ein Sämling aus dem eigenen Garten. Er hat außen und innen Grün an den Spitzen:

Auch wenn sie nicht mehr aktiv sammeln, freuen sich die beiden Gärtner über Neuheiten. Bei einem Besuch im Gartenmarkt fanden sie zwischen den Töpfchen mit dem Großblütigen Schneeglöckchen (Galanthus elwesii) zufällig einige Sorten, die dann gerne mit nach Hause fahren durften. Und etwas ganz Besonderes war es, als eine Dame zum Besuch eine ganz neue Schneeglöckchenart mitbrachte, die erst vor Kurzem in der Ukraine entdeckt wurde.
Hier ist noch eine kleine Auswahl an kleinen Schönheiten, die uns ins Auge fielen:

Zwei hübsche Gefüllte: links mit langen äußeren Blütenblättern, deren Spitzen einen Hauch von Grün tragen, rechts eine nur mit kurzen Blütenblättern:

Schneeglöckchen kombinieren

Schneeglöckchen sind in der Masse wunderschön, aber mit passenden Partnern kommen sie noch einmal anders zur Geltung. Überall im Garten finden sich fein abgestimmte Kombinationen. Eine tolle Blattschmuckkombination aus Farn, Bergenie und Wolfsmilch begleitet hier die "Schneeglückchen":

Diese Blüte mit der gelben Zeichnung auf den inneren Blütenblättern und der gelbgrüne Farn sind ein attraktives Duo:

Hier nimmt der junge gelbliche Austrieb des Storchschnabels das Gelb des Schneeglöckchens auf:

Die helle Zeichnung des Aronstabs (Arum italicum) passt sehr gut zu den weißen Blüten:

Praktisch ist es, Frühblüher im Schatten von laubabwerfenden Gehölzen mit sommergrünen Farnen zu kombinieren. Das warme Braun setzt Akzente und wenn die Zwiebelpflänzchen verblüht sind, verdeckt der Farn das vergilbte Laub und die leeren Flächen.

Auch an dem kleinen Bachlauf mit den Totholzstämmen wachsen Schneeglöckchen:

Unter den Märzenbechern (Leucojum vernum) wies uns Herr Brakemeier auf diesen besonderen hin, dessen genaue Bezeichnung die beiden Gartenbesitzer bisher nicht herausfinden konnten. Die Blätter sind breiter und vorne mehr gerundet als bei der bekannten Art …

… und jeder Stiel trägt zwei große Blüten anstatt einer:

Sehr natürlich wirken die Märzenbecher und Schneeglöckchen im Waldgarten zwischen den Baumstämmen:

Die Winterlinge (Eranthis hyemalis) fühlen sich nicht in jedem Garten wohl. Hier verwildern sie ungestört und bringen auch kurz vor dem Verblühen noch Farbe ins Bild:

Auch zahlreiche Lenzrosen-Schönheiten haben wir überall unter den laubabwerfenden Gehölzen, wo sie gut gedeihen, entdeckt. Die gelbliche Blüte der Pflanze links hat feine rote Sprenkel, die rechte ist reinweiß:

Sehr schön ist die Kombination aus Lenzrose und den elfenhaften Blüten der Frühlings-Alpenveilchen (Cyclamen coum):

Auch die dunkelroten Lenzrosen, Schneeglöckchen und Wolfsmilch im Hintergrund ergänzen sich wunderbar:

Ein hübsches Duo sind die kräftig rote Schlüsselblume und das Purpurglöckchen (Heuchera) mit den dunkelroten gemusterten Blättern:

Etwas Besonderes und bei uns noch nicht so bekannt ist der Rauling (Trachystemon orientalis). Die kleinen blauen Blüten erscheinen noch vor den großen Blättern:

Das Raublattgewächs gedeiht im frischen bis trockenen Boden am Gehölzrand und unter Gehölzen und bildet mit der Zeit dichte Bestände.

Der Winteraspekt im Garten: kleine Details und winterschöne Gehölze

Immer wieder entdecken wir kleine Details, die einen Rundgang im winterlichen Garten lohnen. Die Blütenreste einiger Hortensien wirken wie zarte Spitze (zoomt mal rein!)

Wie Perlmutt schimmern die Samenstände eines Silberblattes (Lunaria) und die Samenstände der Magnolie (Magnolia) 'Big Dude' halten sich ebenfalls bis zum Frühjahr:

Kamelien fühlen sich im humosen Boden im Schatten wohl und sind nicht sehr winterhart. Blickfänge im Waldgarten sind die rote Kamelie (Camellia japonica) 'Asahi-no-mai' …

… und die kompakte Kamelie 'Masayoshi' (syn. Doenckelarii) mit halb gefüllten Blüten mit weißer Marmorierung:

In einem Garten für alle Sinne darf auch der Duft nicht fehlen. Im Winter und Vorfrühling, wenn er noch rar ist, genießen wir ihn besonders. Aus Japan und China stammt der bei uns noch seltene Japanische Papierbusch (Edgeworthia chrysantha). Er steht hier geschützt an der Hauswand, denn er ist nur bis etwa -12° C winterhart. Im Beet vor der Haustür kann man die kugelig angeordneten kleinen Blüten aus der Nähe betrachten und ihren kräftigen Duft erschnuppern.

Verschiedene Duft-Schneebälle schmeicheln der Nase, wie der weiße (Viburnum farreri) 'Candidissimum' und der rosa blühende 'Dawn' (Viburnum bodnantense). Könnt ihr euch vorstellen, welches herrliche Parfum bei dem milden Wetter in der Luft lag?

Süß und schwer ist der Duft der Mahonien, der uns auf diesem Weg begleitete:

Ein Höhepunkt in diesem Garten ist für mich dieser Bereich, in dem die beiden Gärtner zeigen, dass sich auch ohne Blüten selbst in den eher grauen Monaten wunderschöne Bilder komponieren lassen. Eine zauberhafte Wintergartenzene entsteht aus immergrünen Rhododendron, dem weißen Stamm der Himalaja-Birke (Betula utilis) 'Grayswood Ghost' und den farbigen Rinden von Hartriegel (Cornus sanguinea) 'Midwinter Fire'. Dazu leuchtet im Hintergrund die gelbe Borke des Rostbart-Ahorns (Acer rufinerve) 'Wintergold'. Zu Füßen der Gehölze leuchtet die Wald-Marbel (Luzula sylvatica) 'Aurea':

Auch die Borken dieser Birken kommen im Winter besonders gut zur Geltung. Die Rinde der Kupfer-Birke (Betula albosinensis) 'Red Panda' schält sich in breiten Streifen ab und hat warme Kupfer- und Karameltöne. Die weiß bereifte Rinde der Roten China-Birke (Betula albosinensis var. septentrionalis) hat ebenfalls rötliche Töne und löst sich in Fetzen ab.

Wie ein Gemälde wirkt der Blick zurück zum Haus auf den malerischen Wuchs des Schlitz-Ahorns (Acer palmatum) 'Dissectum', den steinernen Windhund und die geschwungen auslaufende Eibenhecke:

Wie Perlen an Schnüren hängen die Blüten der Schweifähre (Stachyurus), weshalb der laubabwerfende Strauch auch Perlschweif genannt wird:

Die Zaubernüsse waren leider schon fast alle verblüht. Hamamelis 'Evi' zeigte sich noch von ihrer besten Seite. Sie hat eine tolle Fernwirkung und war schon von Weitem von der anderen Seite des Teiches zu sehen:

Die immergrüne Zimmeraralie (Fatsia japonica) ist nur bedingt winterhart und ich war überrascht, diese Blattschönheit hier im Waldgarten zu sehen. Herr Kipp empfiehlt, die Zimmerpflanze ab April im Freiland abzuhärten und kleinere Exemplare erst ab einer Höhe von etwa 50 cm in den Garten auszupflanzen. Sie vertragen -15 °C problemlos und treiben gut wieder aus, wenn sie einmal abfrieren. Die Basis sollte mit Laub und Reisig geschützt werden.

Ein Hingucker ist auch der Seidelbast (Daphne x bourkwoodii) 'Golden Treasure' mit seinen gelblichen Blättern mit dunkelgrünem Rand.

Ein weiterer Höhepunkt sind zu dieser Zeit die blühenden Gehölze am vorderen Teich. Die Zierkirsche (Prunus subhirtella) 'Okame' zieht mit ihrer prächtigen Blüte alle Blicke auf sich. Darunter entfaltet gerade der Rhododendron calophytum, eine Wildform, seine Blüten:

Wie Seerosen wirken die frühen Blüten des Strauches mit den großen, hängenden Blättern. Herr Brakemeier fürchtet nicht nur um die Blütenpracht, wenn es noch einmal friert: die Rinde der Rhododendren platzt auf, wenn es nach milden Phasen im späten Winter noch einmal richtig frostig wird und die Pflanzen werden dadurch geschädigt. Das ist nach den immer milder werdenden Wintern häufiger zu beobachten.

Die immergrünen Lavendelheiden oder Schattenglöckchen (Pieris japonica) 'Valley Valentine' und 'Valley Rose' am hinteren Ufer passen wunderbar zu den Rosatönen von Zierkirsche und Rhododendron:

Lavendelheide fühlt sich an einem Platz mit feuchtem, saurem, humosem Boden wohl. Hier noch ein Blick auf die Glöckchenblüten aus der Nähe:

Ein paar verspielte Details zum Schluss: Hauswurze (Sempervivum) in Schalen und ein geflügelter Hund …

Ganz herzlichen Dank, Herr Kipp und Herr Brakemeier, dass wir Ihren Vorfrühlingsgarten genießen durften und dass Sie uns so viele Informationen zu ihren Pflanzenschätzen gegeben haben!

Zum Beitrag über unseren Besuch bei Oliver Kipp und Karsten Brakemeier gelangt ihr hier.
Einen Beitrag über die Leidenschaft des Schneeglöckchensammelns und den Schnneeglöckchenmarkt in Knechtsteden findet ihr hier. Ein Pflanzenporträt über Schneeglöckchen, wo sie sich wohl fühlen und wie ihr sie kombinieren könnt, gibt es hier.

Nach dieser Frühblüherpracht würde ich am liebsten jetzt gleich loslegen und unsere Schneeglöckchen teilen, aber sie sind noch nicht ganz verblüht und ich gönne ihnen noch ein bisschen Ruhe …
Wie immer freue ich mich, wenn ihr euch die Zeit nehmt, mir einen Kommentar zu hinterlassen. Habt ein wunderschönes Wochenende, herzliche Grüße
Susanna