Auf einer Reise durch Südengland besuchten wir Manor House in Upton Grey. Rosamund und John Wallinger kauften Manor House 1984. Damals waren Haus und Garten vernachlässigt und es gab Einiges zu tun, um sie wieder in Stand zu setzen. Im Zusammenhang mit der Restaurierung entdeckten die Wallingers, dass der Garten einst von der bedeutenden Gartengestalterin Gertrude Jekyll entworfen worden war. Sie recherchierten und fanden schließlich in einer Sammlung von Dokumenten über Jekyll an der Universität in Berkeley, Kalifornien alte Pläne des Gartens und baten um Kopien. Sie beschlossen, den Garten aus seinem Dornröschenschlaf zu erwecken und machten es sich zur Aufgabe, ihn wieder so herzustellen, wie er einmal entworfen wurde. Eine große Herausforderung, denn die Wallingers hatten sich bis dahin wenig mit dem Gärtnern beschäftigt! Heute gilt der Garten als der dem Original am nächsten kommende noch bestehende Garten Gertrude Jekylls.
Gertrude Jekyll (1843-1932) begann im Alter von fast fünfzig Jahren mit dem Gestalten von Gärten, nachdem die Ärzte ihr wegen einer Erkrankung ihrer Augen vom Malen und Sticken, ihren bisherigen Leidenschaften, abgeraten hatten. Sie lehnte den damals herrschenden Gartenstil mit Mustern aus einjährigen Blumen ab. Sie pflanzte in Drifts, in Gruppen gleicher Pflanzen, um einen natürlicheren Effekt zu erzielen. Berühmt sind ihre großen Staudenbeete, die sie in Farbverläufen von kalten Farben an einem Ende über warme Töne in der Mitte und wieder hin zu kalten Farben am anderen Ende ordnete. So waren auch die langen Border im Manor House Garten angelegt, den sie 1908 entwarf.
Das Anwesen hat einen "wilden" und einen formalen Garten. Angrenzend liegen ein Obstgarten und ein Nusshain, die sogenannte "Nuttery". Im ehemaligen Küchengarten werden heute Mutterpflanzen gepflegt, um Material zum Nachpflanzen zu haben.
Der "wilde Garten"
Rasenwege führen durch den wilden Garten mit Kletterrosen, Bäumen und Sträuchern an einen natürlich wirkenden Teich. Mit den Seerosen und den Bäumen und Sträuchern drumherum wirkt er sehr romantisch und hätte Monet sicherlich auch inspiriert.
Dieser Gartenteil gilt als der einzige von Gertrude Jekyll angelegte wilde Garten, der heute noch erhalten ist.
Die Teichszene mit der Bank wirkt wie gemalt. Hier könnte ich stundenlang sitzen …
Am gegenüber liegenden Ufer bieten eine weiße Ramblerrose, Seerosen und Binsenlilien (Sisyrinchium striatum) ein romantisches Bild:
Durch den wilden Garten gelangt man zum Haus, vor dem ein großzügiger gekiester Hof liegt, der von einer Mauer umgeben ist. Auch der Hof ist von Beeten gesäumt, in denen unter anderem Bergenien, Farne und Pfingstrosen wachsen.
Im Hof wachsen üppige Stauden, deren Blatthorste in den Kiesplatz hineinschwingen und so dem Hof und der Mauer die Strenge nehmen. Die Rosen im Hintergrund sind ein herrlicher blumiger Gruß, wenn man das Haus verlässt!
Der eigentliche Cottagegarten
Der Garten hinter dem Haus liegt auf mehreren Ebenen. Im formalen Garten unterhalb der Terrasse gibt es Staudenbeete, die farblich von kühlen bis hin zu warmen Tönen geordnet sind. Im mittleren Teil liegt eine Rasenfläche mit Rosenbeeten, im unteren Teil ein Bowlingrasen und ein Tennisplatz.
Symmetrische Gestaltung
Das Herz des Gartens bildet der symmetrisch aufgeteilte Rosen- und Staudengarten. Die mittlere Achse reicht von der Treppe, die von der Terrasse hinunter führt, bis zur Bank am unteren Ende des Tennisplatzes. Zu beiden Seiten liegen außen großzügige Staudenbeete. In der Mitte gibt es eine Rasenfläche, auf der als Blickpunkt jeweils links und rechts der Sichtachse ein kleines quadratisches, erhöhtes Beet liegt, das durch einen Rahmen aus Natursteinen betont wird. Um die vier Seiten dieser Quadrate sind Beete mit Rosen und Pfingstrosen angeordnet. Der Rasen zwischen dem Blütenmeer verschafft dem Auge Ruhe, die geschnittenen Eibenhecken halten das Bild optisch zusammen.
Von dieser mittleren Ebene führt wieder eine Treppe hinunter zum Bowlingrasen und eine weitere zum Tennisplatz. Die Niveauunterschiede werden von bepflanzten Trockenmauern überbrückt.
Eine üppige Kletterrose umrahmt wie im Märchen die Hintertür zur Terrasse. Wartet hier ein Dornröschen darauf, wachgeküsst zu werden? Auf jeden Fall wurde der Garten von den Wallingers aus seinem Dornröschenschlaf geweckt!
Auch der üppig mit Blauregen (Wisteria) überwachsene aus Backsteinen gemauerte Brunnen wirkt verwunschen. Wie schön muss die Szene sein, wenn er blüht!
Die Staudenbeete entlang der Mauern, die das Grundstück terrassieren, sind sind eine wahre Pracht! Wollziest (Stachys byzantina), Mannstreu (Eryngium) , Binsenlilie und Spornblumen (Centranthus ruber) blühen mit den Rosen und Pfingstrosen um die Wette.
Die Dame des Hauses, Rosamund Wallinger, gab gern Auskunft über den Garten und ihre Pflanzen. Wie viele Stunden mag sie im Sommer täglich damit verbringen, den Garten zu pflegen? Dabei stehen ihr ihr Mann und ein Gärtner tatkräftig zur Seite.
Ein Rasenweg, gesäumt von Buchsbaumkugeln, führt durch einen Rosenbogen in einen anderen Gartenteil. Der Durchgang macht neugierig auf das, was dahinter liegt.
Wie ein impressionistisches Gemälde wirkt das Mutterpflanzenquartier, in dem Nachschub für die Beete gezogen wird. Rittersporne im Hintergrund, in der Mitte Fackellilien (Kniphofia) und Brennende Liebe (Lychnis chalcedonica) und vorn eine Hechtrose (Rosa glauca) mit zarten rosa Schalenblüten:
Blütenpracht mit der Handschrift von Getrude Jekyll
Gertrude Jekyll hat den Garten in Lagen gestaltet: vor der Hecke die langgezogene Staudenrabatte, unterhalb eine Natursteinmauer (Bildmitte), die vor lauter Blüten kaum zu erkennen ist, unten davor wieder Rosen und Pfingstrosen:
Eine wunderschöne Staudenkombination: rote Spornblume (Centranthus ruber) und Oliva-Mannstreu (Eryngium oliverianum):
Im Garten leben nicht nur die Wallingers, sondern auch eine Schar Zwerg-Bantam-Hühner. Der Hahn gockelt hier stolz über den Rasen. Ich finde, er passt wunderbar in diese Kulisse:
Ein wunderschöner Garten, mit viel Liebe restauriert und gepflegt, der uns mitnimmt auf eine Reise in die Zeit des Schaffens von Gertrude Jekyll! Ein Besuch lohnt sich vor allem im Juni: wenn die Rosen und Pfingstrosen mit ihren Begleitstauden überschwänglich blühen, kann man sich zurück versetzt fühlen an den Anfang des vorigen Jahrhunderts.
Den Garten kann man von Mai bis Juli an Wochentagen besichtigen. Manor House liegt in dem kleinen Ort Upton Grey in der Nähe von Basingstoke, Hampshire, etwa eineinhalb Autostunden südwestlich von London.
Wie immer freue ich mich, wenn ihr euch die Zeit nehmt, mir unten einen Kommentar zu hinterlassen. Herzliche Grüße
Susanna
2 Kommentare
Sehr schön – vielen Dank für den schönen Artikel und die wunderbaren Fotos! Aber bitte schreiben Sie doch den Namen der (ursprünglichen) Gartengestalterin korrekt: Gertrude Jekyll, nicht Jeckyll. Danke!
Ich war Ende Mai dort – es ist wirklich wunderschön.
Hallo Dagmar,
vielen Dank für den Hinweis, ich werde es gleich ändern. Ja, es ist ein herrlicher Garten und mit so viel Liebe wieder hergestellt.
Liebe Grüße
Susanna