Ein Sammlergarten mit Pflanzenraritäten im Stil eines Englischen Gartens

Ihr Lieben,
letztes Wochenende waren wir mit unserer örtlichen Gruppe der Gesellschaft der Staudenfreunde in den Garten von Oliver Kipp und Karsten Brakemeier in Löhne eingeladen. Die beiden leidenschaftlichen Gärtner und Sammler besonderer Pflanzen öffnen ihren bekannten Garten nur noch für ausgewählte Gruppen, und diese Gelegenheit haben wir uns nicht entgehen lassen!
Kennt ihr das: ihr betretet einen Garten und spürt sofort, dass euch hier etwas Wunderbares erwartet? So ging es mir hier und ich lade euch ein, mit mir den Park zu erkunden. Plant bitte etwas Zeit ein, es könnte sein, dass wir uns verlaufen …

Im "Vorzimmer"

In diesem ersten Gartenraum vor der Haustür (ich mag ihn nicht einfach "Vorgarten" nennen!) erfahren wir, dass das etwa 9000 qm große Grundstück eine Pferdewiese war, als die beiden es vor 25 Jahren übernahmen. Es gab nur wenige Bäume, dafür jede Menge Giersch und Brombeeren. Es ist unglaublich, was sie hier geschaffen haben!
Als erstes wurde ein Plan für den Garten gezeichnet. Die formalen Bereiche wurden zunächst mit Reihen von Tagetes eingefasst, später übernahmen dann Eibenhecken die Abgrenzung. In die Beete kam viel Balkan-Storchschnabel: er bedeckt den Boden gut, war in größeren Mengen zu bekommen und schnell zu vermehren. Nach und nach wurde er durch andere Stauden ersetzt.
Schon in diesem Teil fällt die Vielfalt der Stauden und Gehölze auf.

Neben den Töpfen vor der Haustür stehen Zinkkannen und ein Vogelkäfig mit feinen Ornamenten. Im übrigen Garten gibt es sehr wenige Dekoelemente: die Pflanzen und Gestaltung stehen ganz klar im Vordergrund, da ist alles weitere überflüssig.

Rund um die Terrasse

Wir gehen ums Haus herum und kommen auf die sonnige Terrasse. Die Backsteinfassade des Hauses, das 1914 erbaut wurde, ist üppig bewachsen.

Nachtrag: Herr Kipp war so nett, die Pflanzen an der Giebelwand unten in den Kommentaren zu benennen. Vielen Dank dafür!

In Verlängerung des Kiesplatzes, auf dem die Sitzgruppe steht, erstrecken sich sonnige Staudenbeete und es darf großzügig in den Kiesweg hineinwachsen.

Am Ende der Sichtachse ziehen Laubkontraste und eine bepflanzte Vase auf einem kleinen gemauerten Podest die Blicke auf sich. Ihr liegt ein Band aus der Fetthenne (Hylotelephium telephium) 'Abbey Dore' zu Füßen, die anders als die meisten ihrer Cousinen schon im Juli ihre Blüten öffnet, die ein rosarotes bis dunkelrotes Farbspiel zeigen:

In den üppig bepflanzten Töpfen auf der Terrasse gefallen mir die Blattkombinationen. Ist es nicht wunderschön, wie das Pfennigkraut (Lysimachia nummularia) 'Aurea' sich mit der blaulaubigen, fast flauschig wirkenden Nelke verwebt?

Am Ende des Weges gibt es vor der Hintertür einen kleinen schattigeren Gartenraum. Die Wände sind so üppig bewachsen, dass vom Mauerwerk fast nichts mehr zu sehen ist: Garten und Haus verschmelzen zu einer Einheit.

Die formalen Gärten

Ein Gartenzimmer mit Gewächshaus für Pflanzenraritäten

Von der Terrasse aus macht der Blick über die Staudenrabatte durch den Torbogen neugierig auf einen Gartenraum, in dem wir von Weitem ein Gewächshaus sehen.

Das formale Gartenzimmer, dessen Mitte von einem Baum markiert wird, ist mit Eibenhecken eingefasst. Niedrige Hecken aus einem klein bleibenden Liguster rahmen die quadratischen Beete ein:

Hier leuchten Dahlien in verschiedenen Farben …

… und im Gewächshaus stehen neben den Tomatenpflanzen Kakteen, Sukkulenten und andere Sammlerschätze:

Ein hübscher Blickfang ist die Mexikanische Dreimasterblume (Tradescantia pallida) mit violett, grün und weiß gemusterten Blättern. Ich mag es, wenn sich auch mal ein Pflänzchen selbständig machen darf. Hier wächst eine neugierige Minze durch die Bank:

Unter den Zitrusfrüchten, die in diesem Gartenraum in Töpfen stehen, sind unter anderem die Zitrone 'Buddha’s Hand' (Citrus medica digitata) und die Gerippte Bitterorange (Citrus auranticum) 'Canaliculata', eine alte Sorte aus dem 16. Jahrhundert, aus der man Bitterorangen-Marmelade kochen kann. Diese und andere nicht frostharte Pflanzen ziehen über den Winter in das Gewächshaus ein, das für diesen Zweck isoliert und beheizt wird.

Ein Gartenraum mit formalem Wasserbecken

Im nächsten Gartenraum überrascht uns ein formales Wasserbecken mit Seerosen, dessen Rand mit verschiedenen Pflanzen in Töpfen wie Fuchsien und Geranien (Pelargonium) geschmückt ist.

Wunderschön detailverliebt: die Töpfe mit den weißen Fächerblumen (Scaevola aemula) markieren die Blickachse, die durch mehrere Gartenräume bis zur Terrasse verläuft.

Die Öffnungen in den Eibenhecken leiten den Blick die Sichtachse entlang. Ein Seidenbaum (Albizia julibrissin) 'Ernest Wilson' neigt sich über den Weg.

Diese Sorte soll besonders winterhart sein und hat etwas blassere Blüten als die Art:

Von der zierlichen Bank aus kann man den Blick auf die Seerosen genießen und im Schutz der Hecken ganz für sich sein.

Auffällig sind die Schopflilien oder Ananasblumen (Eucomis), die hier in Töpfen stehen. Sehr aufrecht ist die Wildart Eucomis pole-evansii aus Südafrika, die bis zu 1,20 m hoch wird. Im Hintergrund ist das dunkelrote Laub von Eucomis comosa 'Sparkling Burgundy' zu sehen.

Allerliebst finde ich diese Kombination aus dem kleinen panaschierten Duftsteinrich (Lobularia maritima) und der kleinen Ananasblume (Eucomis vandermerwei) 'Octopussy' mit gesprenkelten Blättern. Der rote Klee daneben greift das Rot ihrer Blüten auf:

Ein Gartenraum mit Pavillon

Als nächstes entdecken wir einen Raum mit einem Rosenpavillon. Formal von Hecken gerahmt und symmetrisch aufgeteilt wirkt er trotzdem ein bisschen wild; das mag ich sehr:

Hier fällt die Weißfrüchtige Eberesche (Sorbus koehneana) ins Auge:

Der kleine Teichgarten

Am Ende dieser Sichtachse laden uns einige Töpfe mit Schmucklilien (Agapanthus) ein, näher zu kommen.

Versteckt hinter Formschnittelementen aus Eibe und Buchs …

… ist eine Voliere mit Täubchen, und ein kleiner Pfad verschwindet zwischen den Bäumen. Die Bank vor dem Gehege ist mit Flechten bewachsen, wie so manches Möbelstück in diesem Garten. In solch einem Garten sitzt man nicht so viel – es gibt immer etwas zu tun, sagt Oliver Kipp und schmunzelt.

Auf der gegenüberliegenden Seite tut sich überraschend der Blick auf einen Teich auf.

Am hinteren Ufer setzt eine Komposition aus unterschiedlichem Blattwerk mit Königsfarn (Osmunda regalis) und Weißblättriger Aralie (Aralia elata 'Variegata') einen tollen Akzent:

Hier seht ihr noch einmal das Zusammenspiel der Gehölze aus einem anderen Blickwinkel:

Von diesem Gartenraum aus gelangen wir zwischen Sommer-Phlox (Phlox paniculata), Hortensien und Goldkolben (Ligularia) zum großen Staudenbeet.

Ein Blick zurück auf das Haus und wir lassen den formalen Teil hinter uns. Neben dem geschwungenen Heckenelement nimmt das Stachelschweingras (Miscanthus sinensis) 'Strictus' mit seinen gelblichen Tupfen die Farbe des Gelben Sonnenhutes auf.

Der Landschaftsgarten

Waren die Gartenräume nah am Haus noch symmetrisch angelegt und von hohen "Wänden" aus Eibe eingerahmt, wird die Gestaltung weniger streng, je weiter wir uns vom Wohngebäude entfernen. Hier gibt es keine strengen Hecken und geraden Linien mehr, die Wege werden geschwungen, die Flächen haben weiche Konturen.

Das große Staudenbeet

Der Weg führt uns am großen Staudenbeet entlang mit Rispen-Hortensien, Gräsern und Wasserdost, …

… Fallschirm-Sonnenhurt (Rudbeckia nitida) und Sommer-Phlox. Im Hintergrund steht der Sieben-Söhne-des Himmels-Strauch (Heptacodium miconioides), der mit seinen cremeweißen Blüten von August bis Oktober Insekten ein reiches Nektarangebot liefert:

Ton in Ton blühen rosa Sommer-Phlox und der Hohe Wiesenknopf (Sanguisorba hakusanensis) ‘Pink Brushes’. Wirkt diese Komposition aus Stauden, Gräsern und Gehölzen nicht wie gemalt? Die Staffelung bringt eine wunderbare Tiefe:

Der Wiesenknopf ist mit seinen fluffigen rosa Blütenschweifen ein echter Hingucker:

Spannung! Der aufrechte Gräsertuff setzt ein Ausrufezeichen und ruft: "Halt, stehenbleiben, erst mal richtig gucken!" – der Weg verschwindet hinter einer Kurve und lockt: "Schaut mal, wohin es hier geht!"

Obst- und Narzissenwiese

Und plötzlich öffnet sich der Weg auf eine Wiese mit Obstbäumen und einer freien Fläche mit Storchschnabel! Hier blühen von Januar bis Juni unzählige Narzissen, erzählt Karsten Brakemeier begeistert. Die Gelbe Wildnarzisse (Narcissus pseudonarcissus ssp. lobularis) ist hier üppig verwildert und hat sich rasenartig ausgebreitet, denn sie bildet nicht nur Brutzwiebeln aus, sondern versamt sich auch. Die beiden Gärtner haben auch schon einige neue Auslesen unter den Narzissen auf der Wiese entdeckt. Die Bank ist einer ihrer Lieblingsplätze und ich stelle es mir wunderschön vor, hier zu sitzen und all die Blüten zu betrachten!

Die Wiese wird von Gehölzen mit verschiedenen Laubfarben gerahmt. Gerne hätte ich den Pfauenhahn, der mit seinen vier Damen im Garten lebt, hier über die Wiese stolzieren gesehen, aber die ziehen sich lieber zurück, wenn Fremde kommen.

Und noch ein Teich!

Mehrere Mahagoni-Kirschen (Prunus serrula) und eine Chinesische Birke (Betula albosinensis var. septentrionalis) sind im späten Winter und im Frühling mit ihrer attraktiven Borke eine besonders schöne Ergänzung zu den Narzissen auf der Wiese. Der Stamm der Mahagoni-Kirsche (links) glänzt im Sonnenschein dunkelrot, während die Himalaya-Birke durch die großen sich ablösenden Rindenstücke wirkt. Der Weg führt uns zwischen den Bäumen hindurch und wir stehen unvermittelt an einem weiteren Teich …

… umgeben von verschiedenen Bäumen wie einem Kleinblütigen Trompetenbaum (Catalpa ovata) und einer malerischen Trauerweide. Besucher fragen manchmal, warum der Garten am Ende nicht offen ist für eine geborgte Aussicht über die Hügel des Herforder Landes. Den Blick in die Landschaft genießen die beiden Herren, wenn die Bäume und Sträucher nicht belaubt sind: der Garten wandelt sich mit den Jahreszeiten.

Auf dem Teich blühen verschiedene Seerosen.

Im Waldgarten

Am Teich entlang gelangen wir auf einen kleinen Seitenweg und sind tatsächlich im Wald! Hier sieht man an den Wegrändern noch den Balkan-Storchschnabel, mit dem die Beete am Anfang bepflanzt wurden. Ein paar Meter weiter stehen wir praktisch im Dschungel! Man sieht, dass es in letzter Zeit viel Regen gab: die Schaublätter (Rodgersia) und die Funkien sind üppig!
Natürlich machen sich die Gärtner Sorgen um die Zukunft des Gartens. Auch hier regnet es zu wenig und selbst wenn es Wolken gibt, teilen sie sich oft kurz vor dem Ort und ziehen rechts und links vorbei. Deshalb sind sie besonders glücklich über die Niederschläge in diesem Sommer.

Neben einem weiß gemusterten Birkenstamm leuchten die roten Früchte des Runzelblättrigen Schneeballs (Viburnum rhytidophyllum).

Ein Mosaik aus Funkien, Lungenkraut (Pulmonaria), Farnen und Japan-Berggras (Hakonechloa macra) in verschiedenen Sorten säumt die verschlungenen Wege: Farbe, Form, Textur – wer braucht denn da Blüten?

Totholz bietet Lebensraum und macht das Bild noch spannender:

Aber auch hier gibt es Blüten: ein einzelner Sommer-Phlox und verschiedene Hortensien blühen im Waldgarten:

Auch verschiedene Farben der Rhododendren sorgen für ein interessantes Bild. Hellgrünes und dunkelgrünes Laub ergänzen sich mit dem braunen filzigen Belag des Neuaustriebs (Indumentum):

Plötzlich öffnet sich der Waldweg und vor uns liegt wieder der Teich. Wie für das Foto bestellt sitzt dort jemand auf der Baumbank und schaut versunken aufs Wasser – sieht es nicht wie ein Gemälde aus? (Natürlich habe ich die Dame gefragt, ob ich das Foto verwenden darf.)

Zurück zum Haus

Schließlich kommen wir zur Terrasse zurück, vorbei an einer der über fünfzig Magnolien und einem mit Efeu bewachsenen Tulpenbaum (Liriodendron). Von den Magnolien gibt es inzwischen Sämlinge, genauso wie von den Zierkirschen, von denen einige jetzt schon blühen und deren Blüten anders aussehen als die der Elternpflanzen.

Jetzt erst nehme ich die Rosa 'Mutabilis', eine Chinarose, richtig wahr, deren zarte Schalenblüten ein zauberhaftes Farbspiel von Lachsrosa über Pink bis Dunkelrot zeigen und deren frische Triebe purpurrot sind. Sie blüht von Mai bis zum Frost. Und in der Staudenrabatte steht mehrfach der Hanfblättrige Eibisch (Althaea cannabina), der zart wirkt, aber mit 1,5 m bis 2 m Höhe und 90 cm Breite dennoch raumgreifend ist. Eine tolle Insektenweide!

Hier an der schützenden Hauswand und inmitten der Staudenbeete kann man laue Sommerabende genießen!

Karsten Brakemeier und der Gartenbuchautor Oliver Kipp sehen sich gern Gärten an und haben natürlich viele Ideen von Gartenreisen aus England mitgebracht. Dennoch wollten sie hier keinen herrschaftlichen Garten gestalten. Das würde nicht zum Haus passen und schließlich seien sie auch keine Herrschaften, sagt Oliver Kipp.
Ideen haben sie immer noch. Zum Beispiel ein ganzes Beet mit kräftig roten Pompon-Dahlien, inspiriert durch eine Reise zur Liebermann-Villa in Berlin, wo ein ganzes Beet mit roten Geranien ihnen gut gefallen hat …

Herzlichen Dank für die Einladung! Wir haben den Garten und die guten Gespräche an dem Nachmittag sehr genossen und ich hätte noch lange, lange schauen und immer wieder Neues entdecken können. Ich bin sehr gespannt auf die Narzissenwiese, die Kirschen und die Magnolien im Frühling.

Dieser Garten hat mein Herz berührt und das wollte ich sofort mit euch teilen – die Tastatur ist praktisch noch warm, wenn ihr dies lest!
Wie immer freue ich mich, wenn ihr euch die Zeit nehmt, mir unten einen Kommentar zu hinterlassen. Habt ein wunderschönes sonniges Wochenende und seid herzlich gegrüßt
Susanna