Ein kleiner Gartenschatz, den ich erst in diesem Jahr entdeckt habe, ist der Japanische Garten in Bielefeld.
Der Garten wurde 2003 in Bethel angelegt und misst etwa 1000 qm.
Er entstand nach einem Besuch des Japanischen Kaiserpaares. Die Kaiserin hatte schon vor längerer Zeit von Bethel als einem wahren Ort der Barmherzigkeit gehört und seitdem den Wunsch gehegt, einmal selbst nach Bethel zu kommen. Während ihrer Deutschlandreise 1993 konnte sie tatsächlich die von Bodelschwinghschen Stiftungen in Bielefeld besuchen.
Die Deutsch-Japanische Gesellschaft Bielefeld und die von Bodelschwinghschen Stiftungen haben den Garten gemeinsam als Ort der Stille und der Begegnung mit der japanischen Kultur anlegen lassen.
Japanische Gärten haben eine lange Geschichte und sind Teil der Kultur und Ausdruck der Spiritualität Japans. Sie sollen für den Betrachter Orte der Entschleunigung und Entspannung sein, Bilder, in denen immer wieder etwas Neues zu entdecken ist.
Sie bilden idealisierte japanische Landschaften im kleinen Maßstab nach, größere Steine stellen Berge und Felsen dar, Pflanzen können Bäume sein, Hecken oder Wälder und Teiche stehen für Meere. Die verschiedenen Elemente sind asymmetrisch angeordnet, sodass aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet immer wieder neue Bilder entstehen.
Alles soll in harmonischer Beziehung zueinander stehen. Jedem Gestaltungselement des Gartens kommt in der Symbolik eine Bedeutung zu.
Dieser Garten wurde als Trockengarten dem Stil der Gärten des japanischen Gartengestalters Kobori Enshu (1579-1647) nachempfunden.
Der Ausschnitt im Tor und einige Öffnungen in der Mauer erlauben schon einen Einblick ins Innere und geben dem Garten eine gewisse Transparenz. Sie geben aber nur soviel preis, dass man neugierig wird, mehr zu sehen.
Das Tor ist jedoch nicht der eigentliche Eingang. Folgt man der Mauer ein Stück, gelangt man an eine Öffnung in der Mauer, durch die der Garten jederzeit frei zugänglich ist.
Durch die ruhige Lage des Gartens und abgeschirmt durch die Mauer gelangt man beim Betreten des Gartens in eine andere Welt. Der Japanische Garten ist ein Ort der Stille und der Meditation. Die Gartenmauer umrahmt den Garten wie ein Bilderrahmen ein Gemälde. Dennoch bilden einzelne Bäume außerhalb und die Landschaft des Teutoburger Waldes eine untrennbare Einheit mit dem Garten.
Von innen betrachtet, sieht man hinter dem Tor den Teutoburger Wald. Die "geborgte Landschaft" als Teil des Gesamteindrucks wurde bewusst als gestalterisches Mittel eingesetzt.
Rechts vom Tor steht ein Himmelsbambus (Nandina). Der Symbolik nach kann man beim Eintreten seine schlechten Träume dem Himmelsbambus anvertrauen und sie bei ihm zurücklassen. So kann man den Garten anschließend unbelastet durchwandern.
Stachelblättrige Duftblüten (Osmanthus heterophyllus) sollen mit den Spitzen an ihren Blättern Dämonen abwehren.
Der Besucher wandert nicht auf Wegen durch den Garten hindurch, sondern "erwandert" ihn, auf einem Holzpodest sitzend, mit seinen Augen. Die Trittsteine lenken dabei das Auge des Betrachters. Der Pfad ist nicht geradlinig, denn Dämonen können Wegen nur folgen, wenn sie gerade sind.
Die Insel inmitten des Gartens ist die Kranichinsel, auf der eine Formschnitt-Kiefer einen Kranich symbolisiert. Der Kranich steht in der japanischen Symbolik für Glück und ein langes Leben. Ich finde, man kann gut erkennen, wie er sein Gefieder spreizt. Vielleicht ist er auch gerade gelandet?
Eine steinerne Brücke verbindet zwei Inseln miteinander. Das Überschreiten des "Wassers" ist wie der Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt.
Der Boden japanischer Gärten ist meistens mit Moos bedeckt. Hier wurde stattdessen ein feiner Teppich aus Fiederpolster verwendet.
Der Kies in japanischen Gärten wird fein geharkt. Dabei stellen die Rillen im Kies Wellen im Meer dar und leiten teilweise ebenfalls den Blick entlang von Sichtachsen.
Der Japanische Garten lebt nicht von blühenden Pflanzen, obwohl er farbige Höhepunkte hat: im Frühjahr blühen die Kirschbäume außerhalb der Mauer und die Kamelien, im April und Mai die Azaleen. Im Herbst färben sich je nach Witterung die Ahorne in ihren kräftigen Farbtönen, bis beim ersten Frost das Laub fällt. Bedeutsam sind diese Ereignisse, weil sie den Verlauf der Jahreszeiten markieren und deutlich machen, dass alles der Veränderung unterworfen und vergänglich ist.
Wichtiger als Blüten sind im japanischen Garten Formen, Strukturen und unterschiedliche Grüntöne. Mir gefällt hier besonders das Spiel von Licht und Schatten.
Die Symbolik der japanischen Gartenkultur ist sicherlich sehr vielfältig und konnte hier nur angerissen werden.
Selbst wenn man die Bedeutung der einzelnen Gestaltungselemente beiseite lässt, ist der Japanische Garten in Bielefeld einfach ein besonderer Ort, an dem man
einfach sitzen kann …
… schauen …
…alles auf sich wirken lassen …
und zur Ruhe kommen …
Herzlichen Dank sage ich Frau Gesa Neuert, Präsidentin der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Bielefeld, dass sie sich viel Zeit genommen hat, um mir den Garten und die Symbolik der japanischen Gärten näher zu bringen. Sie hat auf vielen Japanreisen neben Land, Kultur und Menschen viele Gärten dort kennenlernen dürfen und ihre Begeisterung für Japan mit mir geteilt.
Der Japanische Garten in Bielefeld ist ganzjährig rund um die Uhr frei zugänglich und der Eintritt ist frei.
4 Kommentare
Mein letzter Besuch des Japanischen Gartens liegt einige Jahre zurück. Ich war mit einigen meiner Freundinnen dort. Als Ruhepunkt konnten wir ihn genießen, doch deine differenzierte Kenntnis der Pflanzen, der Bedeutungen, der Rituale hätte ich gerne gehabt. Wissend entdeckt man einfach mehr! Eigentlich müsste ich den Garten mit neuem Blick noch einmal besuchen! Vielen Dank für deine Anregung.
Liebe Erika,
den Garten finde ich so spannend, weil er so viel auf so kleinem Raum bietet und zu einem harmonischen Ganzen verbindet. Das Gespräch mit Frau Neuert hat mir sehr geholfen, den Garten und die gestalterische Absicht dahinter zu verstehen. Ich bin gespannt, ob du noch einmal hinfährst und ihn anders erlebst!
Guten Tag, ich besitze einen Japanischen Meditationsgarten. Mein Problem, das Fiederpolster vermoost mir im Winter sehr stark, und zerstört das Fiederpolster.
Wüssten Sie eine Abhilfe?
Hallo Andreas,
mit Moos im Fiederpolster habe ich leider keine Erfahrung.
Moos wächst vor allem auf saurem, feuchtem und staunassem Boden im Schatten und ist recht pH-tolerant. Fiederpolster möchte ebenfalls frisch bis feucht stehen, mag einen neutralen Boden und verträgt es etwas alkalisch. Dazu bevorzugt es sonnige bis halbschattige Standorte auf sandigem, kiesigem, also durchlässigen Boden.
Sie können versuchen, den Boden mit Sand durchlässiger zu machen, sodass das Fiederpolster bessere Wachstumsbedingungen bekommt und das Moos schlechtere.
Grundsätzlich aber müssten sie überlegen, ob der Standort in Ihrem Garten der richtige für Moos ist (eher schattig) oder für das Fiederpolster (sonnig bis halbschattig), denn wichtig ist immer der richtige Standort für eine Pflanze. Sind die Lichtverhältnisse nicht passend, werden die Pflanzen auf Dauer einfach nicht gedeihen.
Ich hoffe, das hilft Ihnen weiter.
Viele Grüße
Susanna