Querbeet

"Unkraut" Teil 1: Ist das eine Blume oder kann das weg?

27. April 2021
Roter Klatschmohn (Papaver rhoeas)

Blume oder Unkraut?

Sie bringen schöne Blüten hervor und ziehen Insekten an, die sie mit ihrem Nektar versorgen. Blumen, ja. "Unkräuter" … auch!
Spitzwegerich, Brennnessel, Löwenzahn, Schachtelhalm und Vogelmiere sind aber ganz klar Unkräuter – oder nicht?
Der Schachtelhalm kann sehr lästig werden. Dennoch weist sein anderer Trivialname "Zinnkraut", darauf hin, dass er früher einmal geschätzt wurde, um Zinn damit zu putzen. Junge Brennnessel- und Löwenzahnblätter können zu Salat verarbeitet werden und Spitzwegerich, auf Insektenstichen angewendet, soll den Juckreiz lindern. Das Schöllkraut (Chelidonium majus) wird von vielen Gartenbesitzern als Unkraut betrachtet. Meine Freundin Kerstin ist geradezu entzückt, wenn sie es in einem Garten sieht, weil es ihr als Heilpraktikerin als Heilpflanze vertraut ist.

Auch Wildkräuter haben einen Sinn

Wir wissen, dass viele der wilden Kräuter wichtig sind als Lieferanten von Pollen und Nektar für unsere zahlreichen Bienenarten, Schmetterlinge, Schwebfliegen und andere Kleintiere.
Andere dienen Raupen als Futterquelle. Distelfalter und Admiral brauchen für ihre Kinderstube Disteln und Brennesseln, die ja im Garten eher nicht gern sehen sind. Wenn diese kleinen Tiere uns im Sommer so viel Freude machen, können wir sie dann nicht mit ein bisschen Platz für ihre Futterpflanzen unterstützen? Und schließlich dienen die Insekten wiederum vielen unserer Vögel als Nahrung. Also eher Wildkräuter oder Beikräuter als Un-Kraut!

Ein Admiral auf einem weißen Schmetterlingsflieder
Die Raupen des hübschen Admirals fressen bei uns nur Brennnesseln

Klatschmohn, Gänseblümchen, Pusteblume – Kindheitserinnerungen

Unkraut oder einfach schön? Klatschmohn (Papaver rhoeas)
Unkraut oder einfach schön? Klatschmohn (Papaver rhoeas) in Mengen!

Unser heimischer Klatschmohn und die Kornblume malten in meiner Kindheit die Ackerränder so herrlich bunt. Lange waren sie fast verschwunden, weil sie auf den Äckern als Konkurrenz zu den Kulturpflanzen unerwünscht sind. In den letzten Jahren tauchen sie auf den Randstreifen teilweise wieder auf, und es gibt Programme mit Zuschüssen für Landwirte, die sie an ihren Ackerrändern wachsen lassen. Wie schön, wenn wir sie wieder öfter sehen. Die bunte Vielfalt tut dem Auge gut neben den vielen eintönigen Ackerflächen!
Ich lasse den Mohn in meinen Beeten gerne stehen, wo er keine anderen Pflanzen zu sehr bedrängt. Er macht mir einfach Freude! Und die Gänseblümchen! Meine Mutter hat mir früher aus Gänseblümchen Kränzchen fürs Haar geflochten.

Mädchen mit Blumenkranz
Aus dem Familienalbum …

Schön ist es schon, wenn der Rasen eine ruhige, einheitliche Fläche bildet, aber für mich gehören in den Rasen wenigstens ein paar Gänseblümchen. Wenn sieben Gänseblümchen unter einen Fuß passen, so heißt es, dann ist Frühling. Ganz ehrlich? Ich probiere das heute noch aus …
Auch aus Löwenzahn kann man schöne Ketten basteln (und dabei kleine braune Punkte an den Fingern zurückbehalten) und was wäre eine Kindheit ohne Pusteblumen?

"Unkraut" zu verkaufen?

Damit meine ich jetzt nicht die Schildchen mit der Aufschrift "Unkraut zum Selberpflücken".
Tatsächlich gibt es im Angebot mancher Staudengärtnereien Pflanzen zu kaufen, die vielen Gärtnern im Staudenbeet ziemlich lästig sind. So kann man zum Beispiel das oben genannte Schöllkraut, verschiedene Sorten des Scharbockskrauts und eine panaschierte Sorte des Gierschs kaufen. Es findet sich also wohl auch dafür der eine oder andere Käufer, der sie gern in seinem Garten möchte.

Der Weißbunte Giersch (Aegopodium podagraria) 'Variegata'
Ohne Frage: hübsch anzusehen ist der Weißbunte Giersch (Aegopodium podagraria) 'Variegata'. Ich möchte aber nicht damit experimentieren …

Und was i s t nun ein Unkraut?

Was ist denn dann ein Unkraut? Eine Definition besagt, Unkraut sei jede Pflanze, die an einem Platz wächst, wo sie nicht erwünscht ist. Zum einen aus ästhetischen Gründen: sie stört einfach die Optik. Zum anderen, weil sie mit den erwünschten Pflanzen um Nährstoffe, Wasser und Licht konkurriert.
"The difference between a weed and a flower is a judgement", so sagen es die Engländer: "Der Unterschied zwischen einer Blume und einem Unkraut ist ein Urteil." Diese Sicht bezieht auch die "Wanderer" ein, Gartenpflanzen, die sich aussäen und da wachsen, wo sie sich wohlfühlen. Also wäre auch meine Akelei ein Unkraut, wenn sie sich zwischen den Funkien und dem Tränenden Herzen so breit machte, dass es diese stört.
Mein Fazit ist: da, wo sie andere Pflanzen nicht bedrängen und nicht stören, können Wildkräuter und Wanderer auch mal bleiben, zumindest die, die sich ganz gut begrenzen lassen. Wer Platz hat für ein verwildertes Eckchen, könnte auch ein paar Brennnesseln für die Schmetterlinge stehenlassen. Und mit dem Gedanken an unsere Tierwelt können wir auch mal entspannt ein Auge zudrücken, wenn hier und da ein Kräutchen sprießt. Also nur kein Stress …

Tipps wie ihr unerwünschte Kräuter dennoch loswerden könnt oder gar nicht erst bekommt findet ihr im Beitrag "Unkraut" Teil 2: Was tun gegen Wildkräuter?

Wie immer freue ich mich, wenn ihr euch die Zeit nehmt, mir unten einen Kommentar zu hinterlassen. Herzliche Grüße
Susanna

6 Kommentare

  • Antwort Jakob 29. April 2021 at 14:45

    Danke für den informativen Artikel und die schönen Bilder. Ich persönlich mag es ja, wenn es ein bisschen wild sprießt.

    • Antwort Susanna 29. April 2021 at 15:12

      Dann gehörst du wohl zu den entspannteren Gärtnern …
      Einen schönen Gruß und viel Spaß beim Gärtnern!

  • Antwort Heidemarie Traut 12. Februar 2022 at 0:55

    Liebe Susanna,
    wie Du siehst, ich bin immer noch da…so viel zum Thema Vernunft…Aber dieses Kapitel musste ich mir noch ansehen…Für mich gibt es kein Unkraut, allenfalls ungeliebtes Wildkraut. Das haben "meine" Kinder in den Schulen (ich habe viele Jahre mit Kindern und Jugendlichen Schulgärten gestaltet und bearbeitet) ganz schnell verstanden. Ich habe ihnen gezeigt, wieviele Vorzüge diese oft ungewollten, mitunter fast verhassten Pflanzen haben – für ganz viele Tiere, aber auch für uns Menschen. Wir treten im wahrsten Sinne des Wortes sehr oft auf Pflanzen herum, die uns unendlich gut täten, würden wir es denn wissen!!! Und so ist mein Motto: Unkraut nennt man die Pflanzen, deren Vorzüge noch nicht oder deutlich zu wenig erkannt wurden.
    Und so dürfen in meinem Garten viele Wildkräuter wachsen – für unsere Gesundheit, für Bienen, Hummel und Co, für Vögel, Igel und mancherlei Kleingetier, einschließlich der putzigen Eichhörnchen…und das alles in einem "Minigarten" – wenn ich ihn mit dem Euren vergleiche…Schau doch mal vorbei – ich würde mich freuen.
    Alles Liebe
    Heidi

    • Antwort Susanna 12. Februar 2022 at 10:57

      Liebe Heidi,
      wie schön, dass du Gelegenheit hattest, mit Kindern zu arbeiten und ihnen unsere Natur ein Stück näher zu bringen! Es ist so eine wichtige Aufgabe, gerade heute, wo viele Kinder so wenig Gelegenheit haben, Natur zu entdecken und selbständig zu erkunden.
      Zu deinem Motto, dass die Vorzüge mancher Pflanzen noch nicht erkannt wurden, passen auch die Trends in der Gartengestaltung: waren früher Gräser ausschließlich im Rasen geduldet und in den Beeten unerwünscht, werden sie heute nach ihren jeweiligen Vorzügen ausgewählt und bewusst eingesetzt, um wunderschöne Gartenbilder zu gestalten.
      Auch bei uns im Garten gibt es Wildkräuter, zum Beispiel das Scharbockskraut, das ich anfangs mühsam entfernt habe (fast unmöglich, wenn hinter dem Garten Wiesen und Äcker liegen) und über deren strahlende kleine Blütensternchen ich mich jetzt im Frühling freue … Liebe Grüße aus meinem Garten,
      Susanna

  • Antwort Oldenburg Inge 15. April 2023 at 14:33

    Liebe Susanna,
    in England existiert eine Unterart des Scharbockskrautes, das keinerlei Knöllchen in den Blattachseln bildet und brav an Ort und Stelle bleibt. Es gibt etliche Züchtungen davon, Ranunculus " Double Bronce " z.B. hat besonders schöne, große Blüten. Aber mir geht es da wie mit dem panaschierten Giersch, ich muss ihn nicht unbedingt haben. Ich habe mal den Satz gelesen : " Das Scharbockskraut begnügt sich nicht mit wenigen Quadratmetern, es will die Weltherrschaft! " Das kann ich nur bestätigen! Blühender Giersch sieht übrigens wunderschön zusammen mit Taglilien und Gräsern aus, wenn man es nicht schafft, ihn auszurotten kann man vielleicht aus der Not eine Tugend machen. Die besten Gierschvertilger sind meine Schafe, leider sind sie fürs Herbstasternbeet ungeeignet. Bei mir hat sich auf einer größeren Fläche hinter einem Staudenbeet das Herzgespann( Leonurus cardiaca ) invasiv ausgebreitet, es darf bleiben, weil da sonst fast nichts wachsen will und es außerdem als Hintergrundpflanze eine sehr dekorative Wirkung hat. Die Insekten sind verrückt danach. Auch Schöllkraut gesellt sich da gerne dazu. Manche Wild – oder Beikräuter eignen sich also durchaus zur Gartengestaltung.
    Lieber Gruß
    Inge
    .

    • Antwort Susanna 16. April 2023 at 14:23

      Liebe Inge,
      da bin ich ganz deiner Meinung, ich finde die Blüten des Gierschs auch sehr hübsch. Wegen seines Ausbreitungsdrangs würde ich ihm aber andere weiße Doldenblüten vorziehen. Aber wenn man ihn nicht loswerden kann, muss man das beste daraus machen. Im alten Garten hatten wir eine Ecke, wo Giersch als Bodendecker unter Sträuchern wuchs, das fand ich ganz hübsch. Verschiedenen Scharbockskräutern mit interessanten Blättern bin ich schon auf Pflanzenmärkten begegnet, aber ich muss sie auch nicht haben. Ich freue mich über die gewöhnlichen gelben Sternchenblüten im hinteren Teil unseres Gartens. Das Scharbockskraut verschwindet ja bald nach der Blüte brav wieder.
      Liebe Grüße von Susanna, die sich schon auf den Klatschmohn im Garten freut!

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