Ein vielfältiger, naturnaher Garten mit Upcycling-Ideen

Ihr Lieben,
im nächsten Leben werde ich Gartenreisende. Es gibt ja immer noch sooo viele schöne Gärten zu entdecken! Naja, wenigstens in Teilzeit, schließlich möchte ich auch noch gern im Boden wühlen. Nicht dass das von meinen Karma-Zuständigen falsch verstanden wird – Regenwurm oder Maulwurf wäre nicht mein Wunschberuf, auch wenn letzterer sich ausgiebig mit der Garten(um)gestaltung beschäftigt. Manchmal wäre ich auch gern Zeitreisende, wenn es in barocke Gärten geht oder zu Gertrude Jekylls Garten in Manor House. Wie mag es damals dort zugegangen sein? Da möchte man doch mal Mäuschen spielen. Und in manchen Gärten möchte man, dass die Zeit einfach stehen bleibt und man die Eindrücke einfach immer weiter genießen kann … So ging es mir in diesem Garten, der eigentlich zwei Gärten ist oder eher zwei Gärten, die eigentlich nur einer sind?

Am letzten Wochenende haben wir einen wunderschönen Garten in Herford besucht. Die Besitzer hatten zum Offenen Garten eingeladen. Tatsächlich sind es zwei benachbarte Gärten. Die Übergänge waren so fließend und alles wirkte so sehr wie aus einem Guss, dass ich die Gärten hier in einem Beitrag vorstelle. Ich kann die Eindrücke, die wir festgehalten haben, jetzt beim Schreiben schon nicht mehr dem einen oder anderen zuordnen. Schließlich haben die Gartenszenen mich so begeistert, dass ich auf Grundstücksgrenzen nicht geachtet habe. Ich hoffe, dass es so einigermaßen passt …

Hier erwartet uns ein lebendiges Miteinander von heimischen Wildstauden. Im ganzen Garten galt von Anfang an das Prinzip, dass die Blumen dort blühen dürfen, wo sie sich aussäen, solange sie nicht andere Pflanzen bedrängen. Es wird nur so wenig lenkend eingegriffen wie nötig. Das gibt den beiden Gärten etwas Wildes, Verwunschenes – ich war sofort verzaubert!

Der Garten von Gerd Teuteberg und Irmgard Pehle

In einem älteren Handzettel zum Offenen Garten haben die Gartenbesitzer ihren Garten so beschrieben:
"Naturnaher Garten mit heimischen Wildstauden und Gehölzen, variiert jährlich durch Selbstaussaat und bietet Lebensraum für zahlreiche Insekten. Gemüse- und Obstgarten zur Selbstversorgung sind ebenso Prinzip wie gebrauchte Baumaterialien im grenzübergreifenden Garten mit Teich und Recyclingmauern. Unterschiedliche Räume auf ca. 1400 m2.

Im Halbschatten unter Bäumen wachsen vor dem Haus Elfenblume (Epimedium), das weiße Wald-Windröschen (Anemone sylvestris) Akelei (Aquilegia vulgaris) und Salomonssiegel (Polygonatum).

Der Gemüsegarten

Vor dem Haus liegt der Gemüsegarten. Hier treffen wir den Gärtner und er sagt: "Bald blüht der Garten und das soll er auch!" Auch hier dürfen sich die Blumen frei aussamen und dort wachsen, wo es ihnen gefällt. Der Gemüsegarten wird nicht "sauber gehalten". Zur Zeit blüht die 'Lippische Palme', eine Grünkohlsorte. Später kommen Wilder Rittersporn, Ringelblumen und andere dazu.

Im Beet entlang des Hauses steht eine in Gärten nicht so verbreitete heimische Wildstaude, der Diptam oder Brennender Busch (Dictamnus albus). Er blüht rosa und duftet nach Zitrone. Seine ätherischen Öle können bei Hautkontakt zu Verbrennungen führen und sich an heißen Tagen selbst entzünden. Er teilt sich den Platz mit der kräftig blauen Berg-Flockenblume (Centaurea montana) und dem zartblauen Enzian-Ehrenpreis (Veronica gentianoides). Sie alle sind insektenfreundlich.

In kräftigem Pink leuchtet uns eine fast verblühte Strauch-Pfingstrose entgegen:

Naturnah gestaltet

Ein Sandarium mit einer offenen Sandfläche schafft Nistgelegenheiten für unsere bedrohten Wildbienen. Auch in der Lehmwand dahinter können Bienen ihre Niströhren anlegen. (Mehr zum Sandarium findet ihr beim BUND.)

Passende Wildstauden, deren Blüten die Insekten unterstützen, wachsen drumherum:

Ein Haufen aus Ästen und Reisig bietet Kleintieren Unterschlupf. Er liegt ganz am Rand des Gartens, damit sie hier ungestört sind.

Eine bunte Blütenmischung in fröhlichen Farben:

Upcycling im Garten

Von der Straße zu den Feldern hinter dem Grundstück fällt das Gelände ab. Es wurde mit niedrigen Mauern aus alten Baumaterialien wie Klinker und Gehwegplatten terrassiert. Hier wurden schon Upcyclig-Ideen umgesetzt, als es das Wort auf Neudeutsch noch gar nicht gab. Gelb blüht hier eine weitere heimische Pflanze, das Gefleckte Habichtskraut (Hieracium maculatum).

Über die Mauer fließen Scharfer Mauerpfeffer (Sedum acre), der im Juni/Juli gelb blüht und hellvioletter Thymian. Beide werden auch von Wildbienen besucht.

Zwischen Berg-Flockenblume, verblühter Schlüsselblume und der Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) mit den hübschen Samenständen stehen bunt gemischte Gefäße und Röhren mit Hauswurzen (Sempervivum) …

… und auch altes Küchenzubehör blüht so neu auf:

Verschiedene Schwertlilien, eine gelbe Strauchrose und die gelbe chinesische Wildrose (Rosa hugonis) im Hintergrund blühen zwischen niedrigeren Wildpflanzen, die sich hier ausgesät haben:

Die Wildrose hat zartgelbe offene Schalenblüten und leuchtend gelbe Staubgefäße. Ihr Duft zieht Bienen an. Sie blüht sehr früh und nur einmal im Jahr, dafür bieten ihre Hagebutten den Vögeln Nahrung:

Ein Blick zurück zum Nachbarhaus: rechts blüht der Zwerg-Duftflieder (Syringa meyeri) 'Palibin', ein kompakter Strauch, der im Mai/Juni reich blüht und im Spätsommer eine Nachblüte entwickelt.

Geborgte Aussicht

Und dann das! An der Grundstücksgrenze gibt es nicht etwa einen hohen Sichtschutzzaun – der wäre ja auch mehr als überflüssig – nein, der Blick kann hier über das Feld bis zu den frisch maigrünen Bäumen dahinter schweifen. Trotz Hecke und Flechtzaun gehört die Landschaft optisch noch zum Grundstück dazu. Das grüne Tor aus Hainbuche verstärkt diesen Eindruck noch. Wer bei mir schon länger liest, weiß: ich liebe solch eine geborgte Aussicht!

Hier unten fügt sich der Teich malerisch ein, an dem gerade die blaue Wiesen-Iris (Iris sibirica) und die gelbe Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus) blühen. Beide sind bei uns heimisch, auch wenn der "Nachname" "sibirica" etwas anderes nahelegt.

Die Blüten der Wiesen-Iris schweben wie Schmetterlinge über ihrem schmalen grasartigen Blattwerk:

Ein einfacher Stuhl am Teich mit Blick auf den blühenden Gartenhang – was braucht man mehr um zu Genießen? Links seht ihr noch einmal den Zwerg-Duftflieder.

Die Akeleien machen reichlich von der Erlaubnis Gebrauch, zu wachsen wo sie sich ausgesät haben:

Die leuchten gelbgrüne Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris) geht eine tolle farbliche Verbindung mit den letzten Blüten des Rapsfeldes ein und verbindet so Feld und Garten. Wie schön muss das Leuchten gewesen sein, als der Raps noch in voller Blüte stand?

Der Garten von Théophile und Clotilde Bonhert

Im einem älteren Handzettel zum Offenen Garten hat das Paar geschrieben:
"Rund um unseren Kotten, ein abwechslungsreicher Garten mit Teich, Trockenmauern, Terrassen, Sitzecken, Hecken, Kräutern, Gemüse, Obstbäumen und Gewächshaus, Bienen und Hühnern. Upcycling, Selbstversorgung,Veränderungsdynamik, Vielfalt, Lust sind die Leitfäden dieser Permakulturgärten. ca. 1900 m2."

Ich glaube, an dieser Stelle kommen wir in den Garten von Théophile und Clotilde Bonhert. Es ist eine der Besonderheiten in der Gestaltung dieser Gärten, dass man tatsächlich nicht bemerkt, wo die Grundstücksgrenze verläuft. Alles geht wunderbar nahtlos ineinander über. Eine lockere Benjeshecke grenzt hier den Garten vom Acker ab:

Auch hier wurde das Gelände mit Mauern abgefangen. Am Rand der Kieswege dürfen Sämlinge wachsen.

Hier tanzen wieder die Akeleien in verschiedenen Farben durch die Beete. "Lust" stand in dem Handzettel als ein Prinzip des Gartens. Sie ist überall zu spüren!

Dieser Gartenraum hat eine formale Aufteilung mit vier Wegen und einem Minibeet im Mittelpunkt. Das originelle Pflanzgefäß wurde upgecycelt – eine herrliche Verbindung!

In der umgenutzten Toilette wachsen Sukkulenten:

Ein kleiner Blickpunkt am Ende eines der Plattenwege: eine Vase mit verblühtem Allium:

Eine weitere Mauer, aus alten Backsteinen und Tonröhren geschichtet, grenzt diesen Gartenraum ab. Violette Zierlauchblüten und zartrosa Akeleien harmonieren wunderbar miteinander:

Und noch eine bezaubernde Akelei! Diese wird dem englischen Namen "Granny’s bonnet" (Omas Häubchen) besonders gerecht:

Besonderen Charme hat die alte Gießkanne, die auf dem Podest zum Kunstwerk erhoben wurde. Aus ihr ergießt sich Mauerpfeffer:

In einer bunten Sammlung kleiner Töpfe wachsen die verschiedensten Sukkulenten. Nicht alle davon sind winterhart, aber nach den Eisheiligen fühlen sie sich im Freien wohl.

Ein alter Steintrog wird in einem schattigen Bereich von Lenzrosen und Waldmeister umschmeichelt:

Die ersten Blüten der gefüllten Pfingstrose (Paeonia officinalis 'Rubra plena') leuchten uns neben Schwertlilien, Akelei und Wiesen-Iris entgegen:

Neben der charmanten Blechkanne mit dem unordentlichen "Haarschnitt" darf der Stinkende Storchschnabel (Geranium robertianum) mit den winzigen rosa Blüten wachsen.

Der Gemüsegarten

Der Gemüsegarten dient zur Selbstversorgung. Hier wird nach ökologischen Prinzipien gewirtschaftet.

Im Halbschatten vor einem Schuppen blühen Ausdauerndes Silberblatt (Lunaria rediviva), Akeleien und die letzten Tulpen.

Die Grenzen des Kiesweges werden von den Pflanzen natürlich gestaltet. Sie dürfen hinein wachsen – Platz zum Gehen ist noch genug da. Der schmale Durchgang am Ende macht neugierig auf das, was uns dahinter erwartet.

Am Vordach wächst ein Blauregen (Wisteria) und auf dem begrünten Dach wachsen niedrige Sedum-Arten.

Wie aus einer Puppenstube sieht der mit Rosen bemalte Herd aus. Wo findet man noch solche Schätzchen?!

Im liebevoll restaurierten Kotten wurden Kaffee und Kuchen angeboten. Und weil’s so schön ist, hier zwei kleine Details aus dem Inneren:

Kaffee und Kuchen haben wir dann draußen genossen, gegenüber von einem langgezogenen Beet an der Hauswand entlang. Katzenminze, Akeleien und Iris werden auf der unteren Etage von Schnittlauch, Thymian und Großer Sternmiere (Stellaria holostea) untermalt.

Ich finde, vor der weißen Hauswand wirkt die Katzenminze wunderbar zart. Ihr zu Füßen liegt das Kaukasus-Vergissmeinnicht (Brunnera macrophylla).

Auf dem Weg vor das Haus noch einmal Akeleien, dieses Mal mit Wiesen-Iris (Iris sibirica) und Flockenblume (Centaurea).

Vorn gibt es noch eine weitere Mauer, auf der die Schwertlilien gerade aufgeblüht sind. Hornkraut (Cerastium tomentosum) lehnt sich locker über die Steine:

Wunderschön war die Stimmung in diesem Gartenraum vor dem Haus. Hier wurden nur Wege in die Wiese unter den Obstbäumen gemäht und verschiedene Sitzgelegenheiten luden zum Entspannen ein. Das wurde dann auch reichlich von Gartenbesuchern genutzt, was ich absolut verstehen kann!

Wenn ihr noch irgendwo ein paar alte Gefäße habt und Lust, sie mit Sukkulenten zu bepflanzen: hier findet ihr noch mehr dazu.

Ich hoffe, euch hat der Gartenrundgang gefallen. Ich hätte am liebsten mit den Akeleien getanzt!
Wie immer freue ich mich, wenn ihr euch die Zeit nehmt, mir einen Kommentar zu hinterlassen. Habt ein wunderschönes Wochenende, herzliche Grüße
Susanna