Ihr Lieben,
ich nehme euch mit in den Garten von Klaus Scheder, der nicht nur attraktiv gestaltet ist, sondern auch mit viel Engagement für die Artenvielfalt gepflegt wird. Wir haben ihn im September besucht. Habt ihr Lust, uns zu begleiten?

Im Hof
Der etwa 1000 qm große Garten liegt im unterfränkischen Ort Lülsfeld. In dieser Gegend gelangt man erst über den Hof und hinter dem Wohnhaus und den Nebengebäuden in den Garten. Schon beim Hereinkommen sieht man, dass hier ein Pflanzenfreund lebt: Alte Dinge aus der Landwirtschaft und blühende Stauden und Einjährige schmücken den Bereich vor der Haustür.

Als Klaus Scheders Vater die Landwirtschaft aufgab, konnte sich sein Sohn noch nicht vorstellen, den Hof weiter zu führen. Er entschied sich für ein duales Studium in Weihenstephan, das die praktische Ausbildung zum Landschaftsgärtner und das Studium zum Landschaftsarchitekten umfasste. Heute arbeitet er als Landschaftsgärtner in einem Betrieb, denn nur im Büro zu sitzen und Pläne zu zeichnen, ist nicht sein Ding.

Der Gemüsegarten
Wir gehen durch die Scheune in den Garten und was uns sofort auffällt ist die unglaubliche Ruhe, die hier herrscht. Nur ab und zu ist eine Ente vom Nachbarhof zu hören und zur vollen Stunde der Glockenschlag vom Kirchturm.
Wir beginnen unseren Rundgang im Gemüsegarten, wo Klaus Scheders Liebe zum Garten ihren Ursprung hatte. Als Kind hat er seiner Oma zugesehen, wie sie ihre "Beetle" bewirtschaftet und geerntet hat. Das hat ihn beeindruckt. 
Herrn Scheder ist es wichtig, im Einklang mit der Natur zu gärtnern. Deshalb nutzt er weder Pestizide noch chemische Dünger, sondern Kompost und Bokashi. Das ist ein Dünger, der durch Fermentierung mit Hilfe von Hefen und Milchsäurebakterien in luftdichten Eimern aus zerkleinerten Küchen- und Gartenabfällen entsteht. Man schmeckt den Unterschied, sagt Herr Scheder: das so angebaute Gemüse ist einfach aromatischer. Er setzt auch auf alte Tomatensorten, die resistent gegen Tomatenfäule sind und keinen Regenschutz brauchen. Außerdem sind sie samenfest (aus den Samen entstehen wieder Pflanzen mit den gleichen Eigenschaften) und er kann sie im nächsten Jahr wieder anziehen, ohne Saatgut kaufen zu müssen.

Direkt nebenan steht die Kirche. Der Weg zum Gottesdienst ging schon durch den Gemüsegarten, als Klaus Scheder noch ein kleiner Junge war. Was für eine malerische geborgte Aussicht!

Der Ziergarten
Gleich hinter dem Zaun wurde der Rasen entfernt, ein Kiesweg angelegt und Stauden gepflanzt, die die Sonne lieben.

Mehrere Säulen-Eiben setzen ordnende aufrechte Akzente, während der Halbstrauchige Wemut (Artemisia arborescens) 'Powis Castle', …

… der Wollziest (Stachys byzantina) und andere Pflanzen sich locker ausbreiten dürfen. So geht die Pflanzfläche fließend in den Weg über:

Ein kräftiger Horst Chinaschilf (Miscanthus) wird von Lavendel und Sommer-Lauch umspielt:

Dieses Beet kann sommerliche Trockenheit vertragen. Gegenüber steht noch eine Ball-Hortensie, die viel Wasser braucht. Solche Pflanzen würde der leidenschaftliche Gärtner heute nicht mehr pflanzen, aber ausreißen mag er sie auch nicht.

Auch der Oktober-Sonnenhut (Rudbeckia triloba), der sich hier selbst ausgesät hat, darf bleiben, obwohl er er auch nicht ohne einen gelegentlichen Schluck aus der Kanne auskommt.

Vom Kiespfad aus biegen wir ab in einen älteren Bereich. Eibenkegel geben den Beeten am gepflasterten Weg entlang Struktur und zwei Kugel-Trompetenbäume (Catalpa bignonioides) 'Nana' fordern uns auf, näher zu kommen. Mit einigen Bäumen verbindet Klaus Scheder besondere Ereignisse. Den linken Trompetenbaum hat er zur Geburt seines älteren Sohnes gepflanzt und einen Kirschbaum, erzählt er, hat sein Vater mit ihm gepflanzt, als er klein war und er ist gemeinsam mit ihm aufgewachsen.

Auch zur Geburt des jüngeren Sohnes gab es einen Baum: den Amberbaum (Liquidambar styraciflua), der gerade beginnt, seine prächtige Herbstfärbung zu entwickeln. Wie schön muss das aussehen, wenn dazu noch die Astern darunter aufblühen?

Verschiedene Gräser säumen den Rasenweg entlang der alten Scheune:

Besonders schön sind das duftige Diamantgras (Calamagrostis brachytricha) und das Riesen-Federgras (Stipa gigantea) im Gegenlicht:

Pinke Aster und Diamantgras gehen eine zauberhafte Liaison ein:

Die Scheune ist malerisch mit Hopfen (Humulus lupulus) und Jungfernrebe (Parthenocissus quinquefolia) bewachsen. Hier zeigt sich schon ein hübsches frühherbstliches Farbenspiel:

Im Scheunenfenster lehnt noch eine Schablone mit dem Namen von Herrn Scheders Großvater, mit der früher Säcke beschriftet wurden. Der Hof wurde seit Generationen in der Familie weitergegeben.

Nur mit wenigen Deko-Elementen wurden Akzente im Garten gesetzt. Viel davon soll es nicht geben, denn die Pflanzen spielen immer die Hauptrolle, sagt Klaus Scheder.

Der Platz unter der Pergola bietet einer größeren Runde Platz, wenn im Garten gefeiert wird. An allen vier Ecken wächst je eine Kletterrose ‚Ghislaine de Feligonde‘ hinauf. Die Sträucher sollen bald natürlichen Schatten spenden, den Klaus Scheder viel angenehmer findet als ein Dach oder einen Sonnenschirm.

Im hinteren Garten
Obstbäume und -sträucher
Wir kommen nun in den hinteren Gartenteil. Unter den Bäumen auf der Obstwiese lässt sich das Spiel von Licht und Schatten auf der Bank genießen:

Es ist ein Obstjahr! Die Äste der Quitte hängen so voll, dass sie abgestützt werden mussten.

Im Obstgarten daneben gibt es Beerensträucher. Die Johannisbeeren werden zu Saft und Gelee verarbeitet. Dahlien und Zinnien stehen hier noch, weil Herrn Scheders Großmutter sie früher schon für den Altar heranzog, den sie regelmäßig für den Gottesdienst schmückte.

Ein besonderes Hochbeet: das Schlüsselloch-Hochbeet
Etwas Besonderes ist das Schlüsselloch-Hochbeet, das nachhaltig aus alten Dachpfannen gebaut ist. Vorn wurde eine Aussparung freigelassen, damit man den Drahtkorb in der Mitte gut erreichen kann, in dem Grünabfälle kompostiert werden. Die Pflanzen können ihre Wurzeln in den Kompost hinein strecken und der Regen spült die Nährstoffe ins Erdreich im Beet. So versorgt sich das Beet selbst und eine weitere Düngerzufuhr ist nicht nötig. Im Beet gedeihen Gemüse, Kräuter und Blumen:

Den Tieren im Garten Raum zu geben ist für Herrn Scheder eine Herzensangelegenheit. Darum gibt es eine Igelburg und einen Käferkeller. Der Keller wurde zwei Meter tief ausgehoben und mit Totholz gefüllt. Darauf wurde ein Stapel aus weiteren Aststücken aufgeschichtet. Das Holz in der Grube zersetzt sich und bietet Käferlarven einen natürlichen Lebensraum. Die Engerlinge einiger Arten leben zum Teil mehrere Jahre an solchen feuchten, dunklen Orten.*

Auch ein Totholzwall bietet kleinen Tieren Unterschlupf. Mir gefällt es, dass er nicht an die Gartengrenze verbannt wurde, sondern mitten drin als Raumteiler fungiert und so schön rund angelegt ist:

Nahrung für die Vögel
Feuerdorn (Pyracantha) und mehrere Zieräpfel wurden nicht nur fürs Auge, sondern auch für die Vögel gepflanzt. Wenn die Früchte des Zierapfels 'Red Sentinel' vom Frost weich geworden sind, kommen die Amseln im Winter und holen sie sich mit großem Spektakel.

Die Stieglitze bedienen sich an den Samen der Wilden Karde (Dipsacus fullonum), …

… die mit ihren bis ins Frühjahr hinein haltbaren Samenständen ebenso toll aussieht wie mit ihren violetten Blüten:

Naturnah gärtnern für die Insekten
Eine Insektentankstelle
Die bedrohten Wildbienen zu unterstützen ist Klaus Scheder besonders wichtig. Hinter dem Zaun am Gemüsegarten gibt es eine "Insektentankstelle". Hohe Fetthenne (Hylotelephium), Blauraute (Salvia yangii) und andere Stauden bieten Insekten Nahrung und in die Holzbalken wurden Löcher gebohrt (zoomt gerne mal rein), um sie zum Einrichten ihrer Kinderstube einzuladen.

Ein kreatives Detail: Obendrauf gibt es zum Schutz des Stirnholzes Minibeete mit Moos und etwas kleinem Sedum:

Sandarium
Doch die meisten Wildbienen steigen nicht in Hotels ab. Vor dem Natursteinmäuerchen bietet ein Sandarium Nistmöglichkeiten für Bienen, die ihre Brutröhren im Boden anlegen. Sie brauchen freie Flächen, darum gibt es Lücken zwischen den Blütenstauden, die hier als Nektar- und Pollenliferanten stehen. Klaus Scheder nimmt sich Zeit zum Beobachten. Einmal konnte er einer Woll-Biene zusehen, wie sie eine erbeutete Honigbiene in ihre Röhre schleppte. Sie sei mutig, erzählt er: Sie patrouilliert um ihr Revier und greift mit dem Dreizack an ihrem Hinterlaib sogar die Schwarze Holzbiene an, die deutlich größer ist als sie.

Markhaltige Stängel
Was aussieht wie ein kleiner Zaun ist eine weitere Nisthilfe für Insekten. Einige Wildbienen legen ihre Eier in markhaltigen Stängeln von Königskerze, Brombeeren und anderen Pflanzen ab. Wichtig ist, dass die Ruten aufrecht und mit etwas Abstand voneinander angebunden werden.

Späte Blüten
Damit die kleinen Gartengäste auch spät im Jahr Nahrung finden, wenn kaum noch Gehölze blühen, gibt es unter anderem den Sieben-Söhne-des-Himmels-Baum (Heptacodium miconioides), der von August bis Oktober blüht und reichlich Efeublüten in einem alten Walnussbaum. Wenn die Sonne herauskommt, wimmelt es nur so im Efeu und es findet sich auch die Efeu-Seidenbiene ein.


Entsiegelung: ein Beet in der Straße
Wir verabschieden uns vor dem Haus, denn Klaus Scheder möchte uns noch gerne das Beet zeigen, das er in Kooperation mit der Stadt angelegt hat. Das Grundstück endet zur Straße hin mit der Hauswand. Sein Vorschlag, hier auf dem städtischen Areal eine kleine Fläche zu entsiegeln, wurde von der Verwaltung positiv aufgenommen. Die Stadt entfernte den Asphalt und den Unterbau, Herr Scheder füllte Sand auf, legte das Beet an und pflegt es. Auch hier gibt es ein Sandarium und insektenfreundliche Stauden. Wäre es nicht schön, wenn es mehr von diesen zurückeroberten Lebens-Räumen gäbe?

"Natur im Garten Bayern"** und "Naturgarten" zeichnen Gärten für ihre naturnahe Bepflanzung und Pflege aus. Das Beet und die Plaketten, mit denen der Garten für das besondere Engagement ausgezeichnet wurde, sollen Passanten aufmerksam machen und zur Nachahmung anregen.

Und wie um zu zeigen, dass hier ein Paradies für Insekten entstanden ist, findet sich die Schwarze Holzbiene am Salbei ein:

Herzlichen Dank Herr Scheder, dass wir Sie so kurzfristig "überfallen" durften und Sie sich so viel Zeit für uns genommen haben. Leider kann ich hier gar nicht die ganze Vielfalt Ihres Gartens zeigen und all das wiedergeben, was Sie uns über das Gärtnern mit der Natur erzählt haben.
Von April bis Oktober könnt ihr den Garten besuchen. Eine telefonische Anmeldung ist erforderlich. Führungen für Gruppen bis zu 35 Personen (1,5 bis 2 Stunden) können vereinbart werden.
Adresse: Rimbacher Straße 2, 97511 Lülsfeld
Telefon: 09382 3177396
E-Mail: klaus_scheder@yahoo.de
* Eine Anleitung für den Bau eines Käferkellers gibt es auf der Seite des Naturgarten e.V. 
** Die Plakette "Natur im Garten" habe ich im Beitrag Naturnahes Gärtnern: die Plakette "Natur im Garten" vorgestellt.
Wie immer freue ich mich, wenn ihr euch die Zeit nehmt, mir unten einen Kommentar zu hinterlassen. Ich wünsche euch ein wunderschönes Wochenende, herzliche Grüße
eure Susanna

 
					


12 Kommentare
Was für ein inspirierender Beitrag Susanna! Die Gärten der Zukunft sehen für mich, genau so aus wie der von Herrn Schrader. Ein Paradies für Mensch und allerlei Tier. Auch die Kombination aus Nutz- und Ziergarten in Harmonie, einfach toll. So kann ein Teil der landwirtschaftlichen Geschichte wunderbar weitergeführt werden und der „alte“ Garten lebt weiter. Vielen Dank fürs Zeigen. Grüssleeeeee Caro
Es ist wirklich eine gelungene Symbiose aus traditionellem, bewährtem Gärtnern und neuen Wegen, die wir für die Zukunft brauchen, liebe Caro. Und dann auch noch so ansprechend angelegt.
Liebe Grüße
Susanna
Liebe Suzanna, das ist ein ganz besonders schöner Bericht, dieser Garten ließ wirklich mein Herz höher schlagen, auch die vielen vogel- und insektenfreundlichen Pflanzungen haben mich begeistert. Ein wundervoller Gruß aus Deutschland, da ich gerade (bis Weihnachten) in meinem kanarischen Haus bin, wo es allerdings auch ganz wundervolle Pflanzen, Botanische Gärten und Wildnis in den Bergen gibt.
Dennoch schaue ich alle paar Tage mittels installierter Kameras was mein norddeutscher Garten macht.
Danke auch für traumhafte Fotos und liebe Grüsse aus der Sonne 🌞🌵🌴
Christina
Es gab so viel zu entdecken, liebe Christina, das kann ich hier gar nicht alles zeigen. Wie schön, dass du im Warmen sein kannst – im Oktober hast du hier wettertechnisch nichts verpasst!
Liebe Grüße auf die Kanaren und eine schöne Zeit für dich
Susanna
Großartiger Beitrag. Danke°
Vielen Dank liebe Monika!
Liebe Grüße und dir einen guten Start ins Wochenende
Susanna
Danke für den tollen Bericht! Dieser Garten hat mich auf einer Garten-Reise als Reiseleitung für Laade inspiriert, dem Verein NaturImGarten .NRW beizutreten! Ich war der erste zertifizierte Garten im Ruhrgebiet, darf inzwischen selber Gärten mit der tollen Plakette auszeichnen .
Hallo Conny,
das ist ja toll; dann hat die "Ansteckung" durch Herrn Scheders Beispiel funktioniert und seine Begeisterung für das naturnahe Gärtnern ist übergesprungen. Schön, dass du es nun weitergibst und dich auch dafür engagierst!
Liebe Grüße
Susanna
Liebe Susanna,
dieser wunderbare Garten ist so vielseitig gestaltet, da wächst eine tolle Pflanzenkombination neben der anderen. Hier gibt es wirklich viel zu entdecken. Ganz großartig finde ich den Blick vom Garten zur Kirche.
Wie schafft man es, Dachziegel dermaßen gleichmäßig und exakt zu stapeln ? Das Schlüsselloch – Beet gleicht einem Kunstwerk.
Dass Herr Scheder die Stadt überreden konnte, den Asphalt zu entfernen, ist bewundernswert. So was sollte es öfter geben.
Lieber Gruß
Inge
So eine tolle geborgte Aussicht ist unbezahlbar und einfach Glückssache, liebe Inge. Auf die Idee, einen Teil der Straße zu entsiegeln, muss man erst mal kommen. Das finde ich auch wunderbar.
Liebe Grüße
Susanna
Einen ganz ähnlichen Garten mit fast den gleichen insektenfreundlichen Elementen durften wir im Sommer im Nachbarort (über die VHS) besuchen. Ich finde solche Gärten sehr inspirierend und auch mein Mann hat sich für einiges begeistern können. Mal sehen, was sich bei uns zusätzlich alles umsetzen lässt. Die säulenförmigen Insektenhotels erinnern mich an eure Version. Das zusätzliche begrünte Dach ist eine süße Ergänzung. Im Gegensatz zu unserer umfunktionierten Baumwurzel schleppt die eine überambitionierte Hundedame mit einer Schwäche für große Äste auch nicht einfach quer durch den Garten.
Das Schlüssellochbeet ist auch sehr interessant, das habe ich in der Form auch noch nie gesehen. So können auch die Pflanzen zu Selbstversorgern werden, wie praktisch!
Liebe Grüße und einen entspannten Feiertag!
Hallo Vanessa,
es ist toll, wenn solche Gärten anstecken und zum Nachmachen anregen! Schön, wenn ihr euch inspirieren lasst und schaut, was ihr davon in euren Garten integrieren könnt.
Ich wünsche dir ein schönes langes Wochenende,
liebe Grüße
Susanna